Auf ein Wort
Ist Gott so allmächtig, wie wir ihn bekennen?
Wo ist er, wenn Menschen leiden müssen?
Warum lässt Gott das Leid überhaupt zu?
Ist Gott nicht sogar verantwortlich für all das Leiden?
Diese Fragen stellen Menschen schon immer – sich selbst, den Christen oder Gott. Hiob ist das Paradebeispiel für die Frage: „Wo ist denn Gott angesichts des Leides in der Welt?“ – die sog. Theodizeefrage. Menschen erleben Leid, sogar ungerechtes und unschuldiges Leiden. Deshalb wurde auch schon immer von Menschen versucht das Leid durch Erklärungen zu deuten. Vielleicht gibt es deshalb in der Literatur und vor allem Predigten viele vorschnelle und unbefriedigende Antworten und Scheinlösungen. In der Person von Hiob sind alle möglichen Leiderfahrungen zusammengefasst: Verlust von Hab und Gut, Verlust geliebter Menschen, Einsamkeit, Armut und Krankheit. Um seine Geschichte herum bilden sich die unterschiedlichen Reaktionen, wie mit diesem Leid umzugehen ist. Es werden viele „Lösungen“, individuelle und allgemeine, angeboten. Das Leben Hiobs fordert (auch uns) dazu heraus immer wieder neu im Leid und auf Leid zu reagieren.
Ungefähr im 4. Jahrhundert v. Chr. ereignete sich die „Krise der Weisheit“. Die Menschen waren bis dahin immer davon ausgegangen, dass so, wie der Mensch lebt und handelt, so wird er auch von Gott behandelt (Tun-Ergehen-Zusammenhang). Doch schnell haben selbst die frömmsten Israeliten gemerkt, dass es auch fromme, gute und gläubige Menschen gibt, die von Schicksalsschlägen heimgesucht werden. Der Glaube an den Tun-Ergehen-Zusammen trug den Glauben nicht (mehr). Aus diesem Fragen und Ringen nach Antworten heraus ist das Buch Hiob entstanden.
Kapitel 1,1-5
- Hiob ist reich beschenkt mit Kindern, Vieh, Landbesitz und Geld (V.2-3)
- Er wird als rechtschaffen, aufrichtig und gottesfürchtig beschrieben (V.1)
- Hiob ist kein Israelit! – die beschriebene Problematik ist somit kein rein israelitisches Problem, sondern ein Menschheitsproblem
Kapitel 1,6-22
- Der Thronrat Gottes tagt – Jahwe allein ist der einzig wahre Gott = Schöpfer dieser Welt
- Alle anderen Mächte, Engel und Gewalten sind ihm untergeordnet – auch der Satan, der wie eine Mischung aus Staatsanwalt und Inspektor beschrieben wird
- Der Satan fordert Gott in Bezug auf Hiob heraus – und Gott lässt es zu, dass Hiob alles verliert!
- ABER: der Satan spielt nur eine Neben-, kein Hauptrolle – er ist Untertan Gottes!
- „Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat´s genommen, der Name des Herrn sei gelobt“ (Hiob 1,21) – ein liturgischer Satz, ein eingeübtes Ritual ist (zunächst) das einzige, was Hiob in seiner Krise noch hilft, womit er sich ausdrücken kann. Wenn Menschen in Krisenzeiten geraten, dann helfen ihnen (wie auch Hiob) oft vorformulierte Gebete oder Liedstrophen, die sie auswendig gelernt haben, aber natürlich auch Bibelverse. Gerade in Situationen, die sprachlos manchen, helfen Worte, die schon andere vor uns gebetet, gesungen oder gesprochen haben, wie bei Hiob.
- Herr, ich verstehe dich nicht immer, aber ich vertraue dir – damit könnte man Hiobs Einstellung am Ende des ersten Kapitels gut beschreiben
„Lieber Gott, wo bist du? Ich vermiss dich so sehr.
Nimm weg den dunklen Schleier, ich sehe dich nicht mehr.“
Siegfried Fietz